Vor etwas mehr als drei Jahren entdeckte ich hier in Luxemburg einen Kurs für High Heels Dance. Denn wer hat nicht schon einmal Ikonen wie Beyoncé, Britney Spears, Madonna oder Lady Gaga, die zu immer extravaganteren Choreografien ihre Hüften zu ikonischen Klängen schwingen, bewundert.

Da ich seit meiner Kindheit tanze, fällt diese Entdeckung mit meinem Weg, den Ausdruck des Geschlechts und meine queere Identität zu erforschen, zusammen. Meine Anfänge im Hip-Hop-Tanz im Alter von 11 Jahren haben es mir ermöglicht, mir bestimmte afro-deszendente Codes anzueignen, die von der afro-amerikanischen Darstellung dieser Disziplin, die in der musikalischen Strömung der 70er Jahre in den USA entstanden ist, zeugen. Später lernte ich durch Jazz- und klassischen Tanz die Strenge und Disziplin, die ich brauchte, um zu glänzen. Bis heute, wo der Heels-Tanz mir erlaubt, eine Vorstellungswelt, in der ich ohne Tabus meine facettenreiche Identität erforsche, neu zu erfinden.

In der Oberstufe habe ich als außerschulische Aktivität einen Tanzkurs besucht. Ich war vom Talent meiner älteren Mitschülerinnen überwältigt und träumte davon, Tänzer zu werden. Meine Anfänge sind nicht die graziösesten, wie es beim Tanzen oft der Fall ist. In den folgenden sechs Jahren erkunde ich neben dem Studium den Tanz und das Theater. Dank der Ermutigung und des Wohlwollens von Nathalie Moyen und ihrer Begleitung gewann ich an Selbstvertrauen und konnte durchhalten. Ein Leitmotiv, das die meisten Tänzerinnen und Tänzer, von der grazilen Primaballerina über den akrobatischen Breakdancer bis hin zu den legendären Star-Tänzern teilen. Zwischen stundenlangen Proben und Verletzungsrisiken verlangt der Tanz ständig, über sich selbst hinauszuwachsen. Jede Geschichte hat ihre:n Mentor:in, der einen dazu bringt, an seine Träume zu glauben.

So setzt sich ein Abenteuer, das von Austausch, spannenden Begegnungen und viel Arbeit geprägt ist, fort. Dieses Abenteuer führte mich dann zum Konservatorium von Esch-sur-Alzette, wo ich von Nathalie Moyen im Jazztanz und von Danielle Pater im klassischen Tanz unterrichtet wurde. In diesen Jahren meines Lebens, in denen eine Veränderung auf die andere folgte, blieb der Tanz eine Konstante, ein Fixstern, der mir ständig half, meine Richtung zu finden und in einem sicheren Hafen anzulaufen.

Nach und nach wurde das, was mir so viel Freude und Erfüllung gebracht hatte, zu einer Quelle der Angst. Aus verschiedenen Gründen traf ich den schwierigen Entschluss, das Tanzen zwischen 2016 und 2020 aufzugeben. Ich musste zunächst Wunden, die ich fälschlicherweise dem Tanz zuschrieb, lecken, um diese für meine Selbstverwirklichung wichtige Disziplin wieder aufnehmen zu können. Es ist vor allem inspirierenden und entschlossenen Frauen zu verdanken, dass ich wieder auf den Geschmack gekommen bin, sowie den bemerkenswerten Auftritten von Tänzern und Choreografen wie Yanis Marshal, Cisco und Honey Balenciaga auf den großen Mainstream-Bühnen.

Heute möchte ich euch einladen, in die fesselnde Welt, die ich mit unglaublichen Menschen teile, einzutauchen. Eine Welt, in der Tanzen mehr ist als nur eine Choreografie. Eine Welt, in der das Ausdenken von Tanzschritten Barrieren überwindet und es uns ermöglicht, unter anderem die Vielfalt der Geschlechtsidentität zu erforschen und gleichzeitig die Freude am Leben zu feiern. Willkommen in einer Welt, in der 8,5 cm Superkräfte verleihen! 8,5 cm pures Glück – wenn man der Legende glauben darf, kommt es nicht auf die Größe an, sondern auf die angewandte Technik.

Jeden Dienstag- und Mittwochabend ist es das gleiche unaufhörliche Ballett. Vor dem Portal am Empfang von Pain World in Gasperich treffen sich meine Kamerad:innen mit Begeisterung. In dieser hypermaskulinen Kulisse aus Gewichtheben und Musik in hohen BPM-Werten trifft sich eine Horde von Fanatiker:innen mit unterschiedlichen Backgrounds, um sich eine ordentliche Dosis Dopamin zu holen. Die Quelle dieser Gemeinschaft ist ein Konzept, das 2020 mitten in der Covid-19-Pandemie geboren wurde: ConfiDance by Corinne Semedo. Das Prinzip besteht darin, durch den Tanz sein Selbstvertrauen wiederzufinden, aber auch umgekehrt, seine Qualitäten als Tänzer:in durch das Wiedergewinnen von Selbstvertrauen zu verbessern. Der Tanzkurs wird zu einem Ort der Begegnung, an dem Menschen, die eine gemeinsame Leidenschaft teilen, zusammenkommen. Grenzgänger:innen, Einwohner:innen, Migrant:innen und Student:innen treffen hier aufeinander, denn ConfiDance schafft eine einzigartige Verbindung, die kulturelle und sprachliche Barrieren überwindet und eine pulsierende Gemeinschaft bildet.

Nach einem intensiven Aufwärmen wird mit den Übungen begonnen. Selbst für die erfahrenen Tänzer:innen des Kurses muss die Technik neu erlernt werden. Aber der Geist der Schwesternschaft, der in diesem Raum mit überwiegend weiblichem und rassialisiertem Publikum herrscht, ist wirklich befreiend. Das Wohlwollen durchdringt den Raum und schafft ein Umfeld, in dem man sich selbst erkunden kann. In Improvisations- und Videoworkshops lernen wir alle, den Blick in den Spiegel zu verändern. Wo mein Blick bisher extrem kritisch und von meinem Streben nach Perfektion geprägt war, ist er nun von einem Mitgefühl, das mir hilft, schneller und mit mehr Selbstwertgefühl voranzukommen, erfüllt. So wird jeder durch das Coaching von Corinne und den ConfiMates ermutigt, seine Einzigartigkeit anzunehmen, sich im Tanz zu verlieren und unerforschte Facetten von sich selbst zu entdecken.

Und so reihen wir Choreografien in verschiedenen Stilnuancen aneinander: von den schwungvollen Kadenzen des Zouk über die Fusion mit Afrobeat bis hin zu Pop- oder RnB-Rhythmen, folgt ein Schritt dem anderen. Es ist eine Gelegenheit, in das einzutauchen, was ich als Subkultur mit Codes, die sich je nach den choreografischen Entscheidungen unserer Lehrer:innen bilden und auflösen, beschreiben würde. Dieser Kurs hat meine Entwicklung beschleunigt, da ich die befreiende Kraft des Heels-Tanzs entdecken konnte, eine Verschmelzung von Sinnlichkeit und Kraft, bei der jede Bewegung zu einer Erklärung meines Stolzes wird. Die Absätze werden zu meinen Instrumenten, und die Bühne ist mein Spielplatz, auf dem ich mit Stil und Kühnheit zwischen den Normen tanze.

Die Rückmeldungen aus meinem Bekanntenkreis sind immer sehr positiv und voller Begeisterung. Ich persönlich finde, dass das Tanzen in Absätzen die Grenzen der Gender-Etiketten überschreitet und eine leere Leinwand, auf der alle die eigene Identität malen können, bietet. Es ist eine Möglichkeit, Stereotypen herauszufordern und die Vielfalt des Geschlechterausdrucks zu feiern. Der Tanz auf Absätzen bietet mir eine Plattform, um meine Gedanken, Gefühle und Bestrebungen auf künstlerische Weise auszudrücken. ConfiDance ermöglicht auch einen sozialen Austausch. Indem es Menschen aus verschiedenen sozialen Schichten und Kulturen zusammenbringt, verkörpert das Projekt auf brillante Weise den intersektionalen Charakter der Volkskunst in Luxemburg. Gefüllt mit den Klick-Klack-Klängen der Stilettos ist es ein Raum, in dem LGBTQIA+ und rassisierte Menschen einen einzigartigen kulturellen Reichtum und eine Dynamik, die allen zugutekommt, einbringen. Es ist eine Feier der Vielfalt und die Verkörperung der Inklusion.

Und mir gefällt das alles. Heute tanze ich nur noch für mich, und das ändert alles. Die Beharrlichkeit bleibt meine treueste Begleiterin und Verbündete. Ich entscheide mich dafür, im Alltag durch die Bewegungen einen Blick, der meine Perspektive auf die Welt mit Schönheit veredelt, auf die Welt zu werfen. Und ja … es ist eine zuckersüsse Sicht der Dinge, doch ich liebe es. Erfrischend, spritzig und fruchtig, wie meine Lieblingspfirsichlimonade und wie ich selbst. Hoch oben auf meinen 8,5 cm erfinde ich mich in neuen Dimensionen. Der Tanz wird zu einem Mittel des Ausdrucks und der Erzählung. Er ermöglicht es mir, die Vielfalt zu feiern und Stärke in der Verletzlichkeit zu finden. Wenn ihr also Lust habt, schlüpft in eure Absätze und begleitet mich auf die Tanzfläche, wo die Musik zu gut und das Leben zu schön ist.

Foto: Pit Reding

Artikel aus dem Französischen übersetzt