Unfiddling Feelings
Eine Kolumne mit Kelly Kosel, in der an Gefühlen gefummelt, Fäden verfolgt und alle Themen rund um Sexualität, Körper, Intimität und Beziehungen eingeladen werden.
Was kann ich bei Angst vor STI‘s (sexuell übertragbare Infektionen) machen?
Angst vor sexuell übertragbaren Infektionen (STI’s) und Krankheiten (STD’s) kennen viele Menschen. Die Ängste rühren auch daher, dass wir in einer Welt leben, in der es „normal“ ist, beigebracht zu bekommen, dass Sexualität etwas „Gefährliches“ oder „Schmutziges“ sei. Das beeinflusst, wie wir uns fühlen. Es sind quasi ‚anerzogene‘ Gefühle. Es gibt außerdem ein gewisses gesellschaftliches Tabu rund um Sex und sexuell übertragbare Krankheiten/Infektionen. Das macht, dass Ängste, Unsicherheiten, Scham und alle anderen Gefühle oft bei/in uns hängen bleiben. Nur weil Angst vor STI’s verbreitet ist, heißt das nicht, dass wir sie mit uns herumtragen müssen. Es gibt Einiges, das uns hilft, mit den Gefühlen umzugehen und sie zu lösen.
- Darüber Sprechen … über die Gefühle, Symptome oder mögliche Umgangsweisen. Hier ist es nicht nur wichtig sich mit Sex-Partner_innen auszutauschen, sondern auch mit engen Bezugspersonen wie Freund_innen oder vielleicht Familie. Ängste zu bewältigen, heißt, schwierige Gefühle und Gedanken zuzulassen, auszusprechen und so den gesellschaftlichen Tabus (und die damit einhergehende Verschwiegenheit) im eigenen Leben etwas entgegenzusetzen. Das Thema STI‘s betrifft die meisten Menschen.
- Informieren. Es gibt recht viele verschiedene STI’s – also verschiedene Ansteckungswege, (Nicht-)Symptome und Behandlungen. Das kann überfordernd sein und Ängste verstärken. Auf den ersten Blick sind Informationen manchmal unübersichtlich (oder schnell wieder vergessen). Tipp: Lege dir ein (erweiterbares) Dokument mit den recherchierten Informationen an. Schreib auf: Welche STI‘s gibt es? Wie werden sie übertragen? Wie kann ich mich schützen? Gibt es Symptome und wenn ja welche? Wie werden sie behandelt? Wie lasse ich mich darauf testen? Wo lasse ich mich testen? Was kostet das? Usw. Auf dieses Dokument kannst du zurückgreifen, wenn du mulmige Gefühle zu STI’s hast. Du kannst es sogar weiterleiten, wenn Leuten in deinem Umfeld Sorgen oder Fragen um STI’s haben. Oder ihr erstellt ein gemeinsames Dokument und tauscht euch z.B. über Testmöglichkeiten aus. Zum Recherche-Einstieg zu STI’s kann ich dir z.B. www.liebesleben.de (Webseite von der BzgA) empfehlen.
- Durchatmen. STI‘s sind unterschiedlich stressig, lästig und gefährlich in ihren Symptomen und Folgen. Viele STI’s sind jedoch recht schnell behandelt und somit keine große Sache – solange du dich regelmäßig testen lässt und sie frühzeitig erkennst.
- Testen! Unsicherheitbefeuert Angst. Den eigenen Status zu kennen, gibt uns Handlungsspielraum und Entlastung. Empfehlung: Ein Mal pro Jahr einen vollen „Sekretstatus“ plus Bluttests machen. Bei sehr häufig wechselnden Partner_innen kannst du alle 6-8 Monate testen. Für mehr Infos zu wo und wie in Luxemburg testen, lies gern weiter unten.
- Schützen. Vor STI’S schützen Kondom und Lecktuch (engl. Dental Dams). Wenn du Toys benutzt, auch die beim Safer Sex mitdenken (z.B. Kondome verwenden und Toys desinfizieren nach jedem Benutzen). Personen, die beim Sex ein erhöhtes HIV-Risiko haben, können sich mit PrEP (Prä-Expositionsprophylaxe) schützen. Für weitere Infos dazu, kannst du dich an die HIV-Beratung wenden.
- Beraten lassen. VonÄrzt_innen sowie verschiedenen Beratungsstellen (siehe weiter unten). Leider sind manche (Fach-)Ärzt_innen noch nicht ausreichend zu STI’s und Testmöglichkeiten informiert. Lass dich davon nicht abschrecken und wende dich an vertrauensvolle Quellen und Beratungsstellen.
- Ich hab‘s schon gesagt, ich sag‘s nochmal: Darüber sprechen. Auch nach einer Diagnose sowie während und nach der Behandlung. So kannst du ein STI emotional gut verarbeiten und Strategien für kommende STI-Situationen verinnerlichen – und auch deine Leute lernen so etwas über STI’s und dem Umgang damit. Hier auch wichtig: nach Unterstützung fragen. Du weißt nicht, welche Beratungsstelle die richtige ist? Du möchtest nicht allein hingehen? Du suchst neue Ärzt_innen? Du möchtest Gesundheitsentscheidung nicht alleine überdenken? Sprich mit deinen Liebsten.
- Es kann auch helfen fremde Personen über STI’s (und ihre eigene Betroffenheit) sprechen zu hören. Schau dir ein Video an oder höre einen Podcast. Auf sexpodcast.lu findest du z.B. Podcast-Folgen über HPV oder HIV. Du bist mit deinen Gefühlen nicht allein. Wie gesagt: Vom Thema STI’s sind alle sexuell aktiven Menschen in ihrem Leben (wissentlich oder ohne es zu wissen) betroffen. Auf die ,gesellschaftlich anerzogenen‘ Gefühle wie Angst oder Scham können wir auch gesellschaftlich antworten – durch Gespräche im kleinen und größeren Rahmen.
Worauf sollte ich mich überhaupt testen lassen?
Ein umfassender Check beinhaltet regelmäßiges Testen auf folgende Infektionen:
Bakterien
– Syphilis (auch: Treponema pallidum)
– Chlamydien
– Gonorrhoe (auch: Tripper, Gonokkoken)
Viren
– HIV (Human Immunodeficieny Virus)
– Hepatitis A & B: Wenn du geimpft bist, braucht es kein regelmäßiges Testen (Impfschutz kannst du durch Titerbestimmung herausfinden)
Weitere Tests sind möglich auf:
– Herpes: Herpes-Viren übertragen sich recht leicht, ca. 90% der in Europa lebenden Menschen tragen eine Form des Herpes-Virus in sich, deshalb sind Tests ohne Symptome wenig aussagekräftig
– HPV (Human Papiloma Virus) ist eine Form von Herpes; es kann darauf getestet werden, aber der Stamm lässt sich nicht näher bestimmen; auf die krebserregenden Stämme von HPV wird durch PAP-Test bei Gynäkolog_innen getestet (im Idealfall 1x im Jahr)
– Trichomonaden: Parasit selten getestet in Europa, nur bei Verdacht sinnvoll
– Hepatitis C: überträgt sich nicht beim Sex, sondern beim Austausch von Blut; Test nur bei Verdacht
– Pilze: reicht bei Verdacht
– Ureaplasmen/Mykoplasmen: Teil von komplettem Sekretstatus bei Menschen mit Vulva, Behandlung meist nicht notwendig (nur bei hoher Menge oder starken Beschwerden); vor allem Menschen mit Vulva haben diese Bakterien sehr häufig
Wo kann ich mich testen und beraten lassen?
Falls du Symptome hast, suche schnellstmöglich einen Arzt auf. Weitere Informationen zu sexuell übertragbaren Krankheiten findest du unter safersex.lu. Wenn du dich ohne Rezept testen lassen möchtest, siehe unten…
Gratis Testen
Vereinbare einen Termin in einem Familienplanungszentrum (in Luxemburg, Esch-sur-Alzette und Ettelbrück usw.).
Planning Familial in Luxembourg, Esch-sur-Alzette und Ettelbruck
Esch/Alzette Tél. 54 51 51
Ettelbruck Tél. 81 87 87
Luxembourg Tél. 48 59 76
www.planningfamilial.lu
Oder mache einen gratis Test ohne Termin in einem der folgenden Labore (in Luxemburg, Düdelingen, Esch-sur-Alzette)…
Service des Maladies Infectieuses (2e étage), Clinique des infections sexuellement transmissibles (IST) à Luxembourg
Öffnungszeiten: jeden Tag um jede Stunde
DIMPS @ Centre LGBTIQ+ CIGALE à Luxembourg
Öffnungszeiten: jeden Donnerstag von 12h30 bis 14h30
DIMPS @ HIV Berodung Croix-Rouge à Luxembourg
Öffnungszeiten: Jeden Montags und Mittwoch von 17h bis 19h
Laboratoire National de Santé à Dudelange
Öffnungszeiten: Montags bis Freitags von 7h30 bis 15h30
www.lns.lu
Centre Hospitalier Emile Mayrisch à Esch/Alzette
Öffnungszeiten: Montags bis Freitags von 7h bis 17h
Weitere Möglichkeiten für HIV-/ Hepatitis C-/ Syphilis-Tests ohne Termin finden Sie im Online-Kalender von www.dimps.lu.
Du hast Fragen?
feelings@queer.lu