Mein Name ist Esmeralda (dey) und ich habe mich entschieden, nicht zwischen grün und bunt zu wählen. In den letzten 15 Jahren war ich in der Öko-Szene unterwegs – vom lokalen Lebensmittelladen bis zur UN-Klimakonferenz – und seit meinen Coming-outs versuche ich, mehr Platz für queere Menschen in der Umweltbewegung zu schaffen.

Der geschlossene Kreislauf der Ökologie

Als ich in den Öko-Kreisen im ländlichen Belgien unterwegs war, gab es mehrere Dinge, die mich störten. Ich meine damit nicht die Anzahl der Stoffwindeln, die meine Nachbarin in unserem Garten aufhängte, oder die Lebensmittelmotten, die aus meinen „Null-Abfall“-Einkäufen kamen. Ich beziehe mich vor allem auf die Homogenität der von der Umwelt betroffenen Zielgruppen: weiße Menschen, im mittleren Alter bis hin zu Senioren, heterosexuell, cisgeschlechtlich und aus wohlhabenden Verhältnissen. Und diese Leute stellten sich oft die Frage „Aber warum interessieren sich die [armen][Einwanderer][…] nicht für Umweltfragen?“.

Als queere, neurodivergente Person aus einer prekären Familie hatte ich trotz meiner Privilegien so etwas wie ein Gefühl, dass ich dort nichts zu suchen hatte. Meine Mutter fühlte sich schuldig, weil sie nicht all diese unerschwinglichen Öko-Produkte kaufen konnte, und doch hatte meine arme Familie, wenn man allen Studien zu diesem Thema Glauben schenken darf, einen viel geringeren ökologischen Fußabdruck als jede dieser wohlhabenden Familien, die sich als Öko-Familien bezeichnen. Daher möchte ich stattdessen die folgende Frage stellen: „Wie schließen die Bobo-Öko-Bewegungen ‚Minderheiten‘ aus? Und insbesondere: Was schließt queere Menschen aus?

Queerphobie in der Öko-Szene

Es gibt eine Form von Homophobie und Transphobie, die in diesen Kreisen, die sich doch als links und humanistisch verstehen, schwebt. Eine der Leitfiguren der Bewegung, Pierre Rhabi, erklärte damals im Radio:
„Die Biene braucht … die Königin braucht ein Männchen, eine Ziege braucht einen Ziegenbock, die Kuh braucht einen Stier. Das ist also ein unveränderliches Gesetz, dem sogar Homosexuelle ihre eigene Existenz verdanken.“
Das ist die Hauptargumentation. Queer zu sein ist nicht natürlich. Queers hätten daher keinen Platz in der von den Umweltschützer:innen vorgeschlagenen Rückkehr zur Natur.

„Ich meide generell die Öko-Szene, da es dort immer viel Homophobie und Transphobie gibt“, sagte Judith (Vorname geändert) während eines Vortrags über queere Ökologie auf einem Öko-Festival, an dem eine Person aus dem Publikum teilnahm, die auf nachdrückliche Weise homophobe Ideen propagierte.

Queere Ökologien

Dabei reichen schon minimale Kenntnisse der Biologie aus, um zu erkennen, dass es nichts Queereres als die nichtmenschliche Welt gibt. Nehmen wir einige Beispiele. Der berühmte Clownfisch wird als Männchen geboren und kann später zu einem Weibchen werden. Das ist auch bei einigen Pflanzen der Fall, z. B. bei Kiwipflanzen. Flamingos bilden regelmäßig gleichgeschlechtliche Paare und können Junge adoptieren oder sich um verlassene Eier kümmern. Maispflanzen werden, wie viele andere Pflanzen auch, mit männlichen und weiblichen Blüten geboren. Auch Menschen können mit unterschiedlichen Chromosomenkombinationen geboren werden — etwa 1% der Babys kommen intergeschlechtlich (mit einer anderen Kombination als XX oder XY) zur Welt. Es gibt so viele Beispiele, dass man eine Enzyklopädie bräuchte, um sie alle aufzulisten!

Aus meiner Blase heraustreten – andere Ökologien entdecken

Durch meine Teilnahme an der COP 25 (UN-Klimakonferenz) im Jahr 2019 und das Aufkommen von COVID habe ich andere ökologische Strömungen kennengelernt. Zum einen hat die Pandemie das Aufkommen von Content Creator:innen wie „Intersectional environmentalist“, „queerbrownvegan“, „pattiegonia“ oder „queers4climatejustice“ auf Instagram ermöglicht. Da sich alle meine Aktivitäten nun online abspielten, hatte ich andererseits keinen besonderen Anreiz, auf Gruppen beschränkt zu bleiben, die mir geografisch nahe standen. Also begann ich, informellen Vereinigungen und Gruppen beizutreten, in denen ich mich viel stärker vertreten und gehört fühlte.

Das war für mich eine echte Kehrtwende. Ich kam aus einem feindseligen Umfeld in Gruppen, in denen Menschen aus „Minderheiten“ an vorderster Front des Umweltkampfes standen. Es ist übrigens kein Zufall, dass ich plötzlich so viele queere Menschen um mich herum habe: Mehrere Studien haben gezeigt, dass queere Menschen in Kreisen, die sich mit Umweltaktivismus beschäftigen, überrepräsentiert sind (The Trevor Project, Out for sustainability…). Außerdem gibt es viele queere Führungspersonen in den Bewegungen Fridays for future (Youth for Climate).

Queere Menschen in Umweltbewegungen: ein statistischer Zufall?

Die eigene Identität, sexuelle und/oder romantische Orientierung in Frage zu stellen, bedeutet bereits, die Grundlagen unserer Gesellschaft zu hinterfragen. Diese Frage ist auch unerlässlich, wenn man eine Welt überdenken will, in der alle Menschen dauerhaft eine gesunde Umwelt genießen können. Queer zu sein bedeutet, ebenso wie für die Umwelt zu kämpfen, auch einen täglichen Kampf für die Einhaltung der Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit. Für mich ist die Tatsache, dass ich nicht-binär und lesbisch bin, zutiefst mit meinem ökologischen Denken verbunden. Ich bin und denke jenseits der gesellschaftlichen Codes, ich oute mich täglich sowohl in Bezug auf meine Identität oder Orientierung als auch in Bezug auf meine umweltpolitischen Ideen. Ich bin queer, die Erde ist queer, wir sind miteinander verbunden.

Abgesehen von diesen Ähnlichkeiten in den Denkweisen von Queer und radikaler Ökologie ist es wichtig, daran zu erinnern, dass Umweltkrisen die Ungleichheiten verschärfen und es uns daher noch schwerer fallen wird, unsere Grundrechte wie das Recht auf Wohnung, auf einen angemessenen Arbeitsplatz und andere durchzusetzen. Es ist daher nur natürlich, dass queere Menschen ihren Platz unter den „Frontline defenders“ haben – den Menschen an der vordersten Front, die soziale und ökologische Krisen erleiden und dagegen kämpfen.

So sind der Kampf für die Umwelt und die queeren Kämpfe in Wirklichkeit ein und derselbe Kampf. Sie teilen die Ziele, aber sie teilen auch die Mittel, sowohl symbolische als auch konkrete. Queere Menschen gründen oft aus verschiedenen Gründen eine Wahlfamilie, während Umweltschützer:innen ihre Beziehungen zu Nichtmenschen und die Ökosysteme neu überdenken. Darüber hinaus sind auch der Widerstand gegen die Ausbeutung (unserer Körper, der Natur) oder der Aufbau von Gemeinschaften und das Sorgetragen Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Bewegungen.

Ein intersektionales Projekt

Vielleicht werden Sie sich in diesem Artikel nicht wiedererkennen. Das mag an der Vielfalt, die sowohl in der Öko- als auch in der queeren Bewegung existiert, liegen. Was mir wichtig erscheint, ist die Erkenntnis, dass das Endziel eines jeden Projekts, sei es queer, ökologisch, feministisch oder antirassistisch, darin besteht, die Lebensbedingungen aller Menschen, insbesondere derjenigen, die sich in prekären Situationen befinden, zu verbessern. Wenn also die Ziele dieselben sind, warum nicht mehr konvergierende Projekte schaffen?

Und in Luxemburg?

In Luxemburg habe ich einige Embryos von queeren Öko-Projekten (wie auch immer Sie sie nennen wollen) beobachten können. Ich denke dabei vor allem an die Plattform „ Megaphone“, die sowohl queere Kollektive als auch Organisationen wie Rise for Climate vereint. Ich denke auch an die Gemeinschaft „Rainbowtrailslux“, deren Ziel es ist, Aktivitäten in der Natur für queere Menschen und ihre Allies anzubieten. Aus meiner Sicht hat Luxemburg jedoch noch viel Potenzial für wirklich intersektionale Organisationen, die die Umwelt berücksichtigen.

Der Weg ist noch lang und es ist unerlässlich, dass die Kämpfe zusammenlaufen und wir uns gegenseitig unterstützen, um der Welt, in der wir leben wollen, immer näher zu kommen.